Als ich mich gestern nach der Uni auf mein Fahrrad schwingen wollte, war ein Überzug auf meinem Sattel. Einer dieser Überzieher, den man in Hamburg häufiger als Werbung kriegt. „Bist du bereit für einen Job als Escort?“ war in weiß auf violetten Hintergrund gedruckt. Dann folgte ein Link zu Krypton, wo Escort Damen aus Hamburg angepriesen werden. In diesem Fall war ich aber wohl der falsche Adressat…
Die Aktion war wohl dazu gedacht, neue Escorts zu rekrutieren und ich schätze, dass ich den Überzieher bekommen habe, weil ich ein Damenfahrrad fahre (ich kann wegen meiner leichten Behinderung meine Beine seitlich nur leicht anheben, daher bin ich auf Damenfahrräder angewiesen).
Aber eine andere Idee ist mir auf der Heimfahrt gekommen: Die Zukunft wird im Teilen aller Ressourcen liegen. Alles ist global miteinander vernetzt und es findet ein ständiger dynamischer Austausch statt.
- Autos. Das Individuen ein Auto besitzen, das 95% der Zeit ungenutzt rumsteht, ist ökonomisch einfach sinnlos.
- Strom. Wird z.B. Afrika ein Stromüberschuss durch Solaranlagen produziert, so kann dieser in anderen Teilen der Erde genutzt werden. Wenn das Defizit sich umkehrt, fließt der Strom in die andere Richtung und der Erzeuger wird zum Abnehmer.
- Wohnraum. Mit steigender Überbevölkerung wird das „room sharing“ eine neue Bedeutung erlangen. Wenn jemand tagsüber arbeitet und seine Wohnung steht leer, wird diese von einem Nachtarbeiter für seine Regeneration genutzt werden.
Das klingt z.T. sehr futuristisch. Aber wer hätte sich vor 20 Jahren das Handy vorstellen können?
Es fällt sicherlich vielen schwer, dieses Prinzip weiter zu übertragen bis hin zu menschlichen Interaktionen. Aber warum hier halt machen?
Das alte Prinzip der Monogamie wird eines Tages ausgedient haben. Liebe und Sex werden käufliche Konsumgüter sein. Wenn Mann oder Frau gerade Lust haben, werden sie nachschauen, wer aktuell im Liebespool verfügbar ist und dann ihre Wahl treffen.
Körper und Zeit werden als Ressourcen betrachtet werden wie alles andere auch – eine faszinierende, aber auch sehr verstörende Vorstellung. Jeder, der einmal Aldous Huxley „Brave New World“ gelesen hat, weiß, dass Technokratie an einem bestimmten Punkt ausarten kann und der Mensch zum gefühllosen Unmenschen wird.
Aber genauso funktioniert ein Escort Service: Wen will ein Freier haben, wer hat Zeit, wie sehen die Finanzen aus? Man kann daher Escort gewissermaßen als den Vorreiter des love sharing betrachten – analog zum car sharing und room sharing.
Vielleicht auch nicht. Vielleicht ist das menschliche Bedürfnis nach der einen großen Liebe, nach der einen Partner/in derart tief in der menschlichen Psychologie verankert, so dass es nie so weit kommen wird.
Hoffentlich.
PS: Den Überzieher habe ich übrigens im Kunststoffabfall entsorgt. PVC ist nicht gerade umweltfreundlich und das Pink war auch nicht unbedingt meine Farbe…